Aut virum aut murum oportet mulierum habere
Die Frau braucht entweder einen Mann, oder Klostermauern
Die Kompositionen der berühmten Ordensschwester Isabella Leonarda tanzen, jubeln und lachen. Sie entführen in eine entrückte Welt, in der auch das größte Leid Genuss bedeutet und zum Licht führt.
Diese ergebene Lebenshaltung teilt Leonardas Zeitgenossin und „Nonnenkollegin“ Arcangela Tarabotti so gar nicht. Nicht umsonst heißt eines ihrer – überraschungsfrei zu Lebzeiten unveröffentlichten – Werke „Klösterliche Hölle“.
Das Schaffen der Komponistin und der „Krawallschwester“ könnte gegensätzlicher nicht sein. Isabella Leonarda (1620–1704) gilt als eine der bedeutendsten Komponistinnen des 17. Jahrhunderts. Sie trat im Alter von 16 Jahren in den Orden Collegio di Sant’Orsola in Novara ein, erhielt dort eine profunde musikalische Ausbildung und stieg in der Klosterhierarchie schließlich bis zur Äbtissin auf. Über die Jahre veröffentlichte sie unglaubliche 20 Notenbände mit ihren Kompositionen. Im hohen Alter schuf sie eine Sammlung von Triosonaten, die als die ersten von einer Frau veröffentlichten Instrumentalwerke gelten.
Arcangela Tarabotti (1604–1652) wurde schon mit 11 Jahren in das venezianische Kloster Sant’Anna in Castello gezwungen. Allen Widerständen zum Trotz erkämpfte sie sich eine umfangreiche Bildung und wurde zu einer der scharfzüngigsten Publizistinnen ihrer Zeit. In Schriften wie Tirannia paterna („Väterliche Tyrannei“) und Inferno monacale („Klösterliche Hölle“) lehnte sie sich gegen das System der Frauenklöster und das patriarchale Herrschaftssystem auf und vertrat explizit feministische Positionen. Tarabottis hochintelligente Publikationen fanden teils in Druckausgaben, teils unter der Hand Verbreitung bis in die höchsten Adelskreise.
In unserem Programm aus übersprudelnden Motetten und wilden Kampfschriften feiern wir die menschliche Kreativität und Schaffenskraft, die sich auch in den repressivsten Systemen immer einen Weg suchen wird.